Die kleinen Ronaldos, Messis und Neuers werden auf den Bolzplätzen dieser Welt geboren – auf den Hartplätzen der Arbeitersiedlungen, auf den Ascheplätzen der Dorfvereine und in den Hinterhöfen der Großstädte. Echte Straßenfußballer treten gegen Colabüchsen, schießen auf Garagentore und schlagen sich auf dem Asphalt von Supermarktparkplätzen die Knie auf – ihr Ziel ist das Spiel, ihre Leidenschaft die Lederkugel, ihr Herz schlägt nur für Fußball …

Bolzplatzhelden sind die Fußball-Zukunft

Straßenkicker sind die wahren Schätze des deutschen Jugendfußballs, sie müssen „nur“ entdeckt werden – von uns, von Eltern und Großeltern, Geschwistern und Freunden, Lehrern und Fußballtrainern. Wir sind es, die das Talent unserer Nachwuchskicker erkennen und fördern müssen. Wir sind es, die die Verantwortung haben, ihren Spaß am Spiel zu erhalten und ihre Stärken zu trainieren.

Doch das ist nicht einfach, wie Professor Gerald Hüther, Neurobiologe an der Universität Göttingen, feststellt: „Talente sind außerordentlich komplex.“ Wie also erkennen wir die besondere Begabung unserer Kinder? Und wie fördern wir die Bolzplatzhelden am besten? Welche Rolle spielt dabei der Fußballtrainer?

Bedürfnisse des Kindes als Maßstab

Jeder Mensch hat eine überdurchschnittliche Veranlagung auf einem ganz bestimmten Gebiet, ein ganz spezielles Talent zum Beispiel für eine künstlerische, musische oder sportliche Tätigkeit. Was macht das Kind besonders gern? Wo zeigt es Neugier oder bleibt aus eigenem Antrieb an einer Sache dran? „Der Maßstab sind dabei die Interessen und Bedürfnisse des Kindes“, betont Prof. Detlef Rost, Psychologe an der Universität Marburg.

Doch damit das Kind eine Begabung überhaupt entwickeln und diese auch erkannt werden kann, ist eine anregungsreiche Umwelt wichtig, in der sich das Kind die Dinge selbst suchen kann, so Prof. Rost weiter. Es muss sich ausprobieren können, es muss sich und seine Vorlieben selbst entdecken.

Talent zeigt sich am Erfolg

Ein Kleinkind, das beispielsweise überdurchschnittlich großes Interesse an einem Ball hat, diesen vorwiegend mit dem Fuß berührt oder spielt und dabei eine außergewöhnlich hohe Trefferquote hat oder vielleicht eine große Genauigkeit beim Treffen des Balles zeigt, könnte besonderes Talent für das Fußballspiel haben.

Hier wird bereits deutlich: Erfolg ist ein wesentlicher Gradmesser für Talent. Trifft das Kind den Ball besonders gut? Wo macht das Kind sonst noch schnell Fortschritte? Was kann es außerdem besser als andere Kinder? Zu beachten ist, dass Talent nicht nur eine einzelne Spezialfähigkeit ist, es ist eine umfassende Begabung in einem bestimmten Bereich.

Ein wirklich talentierter Nachwuchskicker kann zum Beispiel nicht nur außergewöhnlich gut schießen, er kann außerdem sehr genau passen, den Ball besser als andere kontrollieren, seine „Spielübersicht“ ist besser als bei anderen Kindern, möglicherweise ist er schneller und wendiger als Gleichaltrige, vielleicht beherrscht er Dinge, die Kinder in seiner Altersstufe in der Regel noch nicht können; zum Beispiel das Kopfballspiel oder den Übersteiger.

Talente brauchen Förderung

Damit sich Talent entfalten und festigen kann, braucht das Kind Förderung. Wenn es Spaß am Fußballspiel hat, dann muss es die Möglichkeit haben, zu kicken. Zweifelt es an sich und seinem Können, dann muss es motiviert werden, immer weiter zu machen – ob die Zweifel des Kindes angebracht sind oder nicht. Das Kind sollte im Grundschulalter und davor immer positiv bestärkt werden, vielleicht braucht es nur neue Anreize oder Lob: „Das machst du aber toll!“, „Jetzt schieß mal so fest wie du kannst!“ oder „Kannst du schon einen Kopfball?“

Die beste Zeit der motorischen Entwicklung für spezifisches Training liegt zwischen acht und zwölf Jahren. Dann können zielgerichtet Stärken trainiert werden. Davor sollte das Kind vor allem Spaß am Spiel und an seinem Talent haben. Bis zur Einschulung komme es deshalb in erster Linie darauf an, sagt Neurobiologe Hüther, dass Kinder ganzheitliche Kompetenzen erwerben. Dazu gehören laut Hüther „Frustrationstoleranz, Motivierbarkeit, Flexibilität“. Das Kind sollte also auch Niederlagen als Teil des (sportlichen) Lebens kennenlernen und daraus weitere Motivation ziehen, es beim nächsten Mal noch besser zu machen. Wer dauerhaft Erfolg haben will, komme ohne diese Tugenden nicht aus, so Hüther weiter.

Geschulte Trainer im Jugendbereich unverzichtbar

Kinder lernen schnell, dass sie nicht immer gewinnen können. Aber sie brauchen die Anleitung von Erwachsenen, um diese Niederlagen zu akzeptieren und bestenfalls an ihnen zu wachsen. Wie mache ich das Beste aus einem verlorenen Spiel, was kann ich daraus lernen, wie motiviere ich mich wieder neu – all das können die Nachwuchskicker zum Beispiel von ihrem Fußballtrainer lernen. Er muss immer Vorbild für die Kleinen sein, er muss sie wieder aufbauen können, wenn die Niederlage zu sehr schmerzt, er muss ihnen neue Ziele geben.

Es ist deshalb gerade im Jugendbereich so wichtig, geschulte Trainer zu haben. Trainer, die nicht den Erfolg in den Vordergrund stellen, sondern den Spaß am Spiel. Trainer, die einen genauen Blick haben für die Begabung des kleinen Fußballers, ein offenes Ohr für seine Bedürfnisse. Trainer, die die Kunst beherrschen, den Nachwuchskicker zu motivieren, ihm weitere Perspektiven zu eröffnen, ihn im Wortsinne dazu bringen, „am Ball zu bleiben“ – das zeichnet einen guten Jugendtrainer aus.

Die kleinen Bolzplatzhelden werden es ihm nicht nur mit Vertrauen in sich und ihr Können zurückzahlen, sondern letztlich auch mit Erfolg.

Zusammenfassung

Zusammenfassung

Ganze Generationen aus allen sozialen Bevölkerungsschichten sind von der Einfachheit und zugleich der Komplexität des Fußballspiels begeistert. Dank neuer Trainingskonzepte ist Fußball noch schneller und athletischer geworden - "die schönste Nebensache der Welt" wird deshalb zurecht auch als "Opium des Volkes" bezeichnet.